ESC-Siegeract Nemo setzt Zeichen zur Selbstfindung
Der Schweizer Act galt als einer der Favoriten im Eurovision Song Contest 2024. Im zweiten Halbfinale setzte sich Nemo mit dem Song "The Code" durch und hat am Ende das Finale gewonnen.
Das Schweizer Fernsehen hatte sich in einem internen, mehrstufigen Verfahren für den nonbinären Act Nemo entschieden. Schon zwei Wochen nach seiner Bekanntgabe Ende Februar stieg der Schweizer Beitrag bei den Wettanbietern auf Platz vier und führte das Ranking später meist sogar an. Zurecht, denn Nemo, 24 Jahre alt, konnte die beachtlichen Erfolge von Luca Hänni oder Gjon's Tears in den Jahren 2019 und 2021 toppen. Mit dem Beitrag gelang es der Schweiz, den Sieg beim Eurovision in Contest in Malmö einzufahren.
Schon mit 13 Jahren auf der Musical-Bühne
Eigentlich bedeutet der Name Nemo im Lateinischen "niemand". Doch ein Niemand ist Nemo Mettler, 1999 in Biel geboren, in der Schweiz schon längst nicht mehr. Im Gegenteil: Schon mit 13 Jahren gibt es Auftritte vor Publikum im Musical "Ich war noch niemals in New York", das auf Liedern von Udo Jürgens basiert. Für Nemo steht fest: "So was möchte ich später machen! Ich will auf einer großen Bühne stehen", zitiert das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Damit ist Nemos Weg, dessen Eltern eine Denkfabrik betreiben, ins Musikbusiness vorgezeichnet.
2016 gelingt Nemo mit Rap der musikalische Durchbruch
Doch dem Musical bleibt Nemo nicht lange treu, stattdessen versucht Nemo es mit 15 Jahren mit Rap - und erhält bei der Musikshow "Die größten Schweizer Talente" dafür sogar Lob vom berühmten Landsmann DJ Bobo. 2016 gelingt beim Rap-Gipfeltreffen "Cypher", ausgetragen vom SRF, der Durchbruch. Der Auftritt geht im Anschluss viral. Bis 2017 veröffentlicht Nemo drei EPs - sieben der Songs schaffen es direkt in die Schweizer Single-Charts. "Ke Bock", "Du" und "Himalaya" erreichen Gold- und Platinstatus.
2017 wird Nemo von SRF 3 als bestes Talent ausgezeichnet. Ein Jahr später räumt Nemo vier Preise bei den Swiss Music Awards ab. Nemo, noch keine 20, hat es also tatsächlich auf die große Bühne geschafft.
Nemo fühlt sich weder als Mann noch als Frau
2020 beginnt eine Phase der Neuorientierung in Nemos Leben: Liederschreiben für andere Musikschaffende, Veröffentlichung englischsprachiger Songs. 2021 dann der Umzug von Biel nach Berlin. Zu den bevorzugten Themen gehören jetzt Geschlechtsidentität, psychische Gesundheit und das Finden des eigenen Platzes in dieser Welt. "Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau", erzählt Nemo im Interview mit der Schweizer "SonntagsZeitung".
Auch ein bekannter Clownfisch trägt den Namen Nemo. Als Männchen geboren, können sich die bunten, schillernden Fische im höheren Alter zu Weibchen entwickeln. Was im Tierreich ganz selbstverständlich ist, bleibt den Menschen versagt. Dafür bleibt ihnen die künstlerische Freiheit, ihre Persönlichkeit in der Musik auszuleben. So macht es auch Nemo.
"The Code" ist eine Art Schweizer "Bohemian Rhapsody"
Nemos "The Code" vermischt Elemente aus Rap, Drum 'n' Bass und Oper. Es sei das künstlerische Manifest einer persönlichen Reise, erläutert Nemo. Nemos persönliche Geschichte soll ein Aufruf an alle sein, das Reich der Authentizität zu betreten. Neben Nemo wirkten an dem Song außerdem Lasse Nyman, Linda Dale und Benjamin Alasu mit.
"'The Code' handelt von der Reise, die ich mit der Erkenntnis begann, dass ich weder ein Mann noch eine Frau bin. Die Selbstfindung war für mich ein langer und oft schwieriger Prozess. Aber nichts fühlt sich besser an als die Freiheit, die ich durch die Erkenntnis gewonnen habe, dass ich nicht-binär bin. Es ist eine unglaubliche Ehre, die Schweiz am Eurovision Song Contest vertreten zu dürfen. Diese Plattform bietet eine riesige Chance, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Generationen zu bauen. Deshalb ist es mir als gender-queere Person sehr wichtig, für die gesamte LGBTQIA+-Community einzustehen." Nemo
Die Reise nach Malmö trat Nemo übrigens nicht allein an. Kreative Unterstützung kam von Schwester Ella, sie zeichnet auch für das Video zu "The Code" verantwortlich. Gemeinsam haben die Geschwister in Schweden den ESC 2025 in die Schweiz geholt.
"Ich hoffe, dass ich andere Menschen, die nicht binär und trans sind, erreicht habe und dass sie sich gesehen fühlen." Nemo nach seinem ESC-Sieg